
Vergiss.mein.nicht
Vergiss-mein-nicht. Wer kennt die Blumen? Sie waren einmal die Lieblingsblumen meiner Mutter. Immer zum Muttertag, pflückte ich einen Strauß und drapierte ihn auf einen Teller. In die Mitte, legte ich einen Stein und gab ein wenig Wasser dazu. Am nächsten Tag, standen alle Blütenköpfe nach oben und es sah aus, wie eine kleine Wiese von Vergiss-mein-nichts. Immer wenn ich die Blume sehe, denke ich daran.
Und wie cool der Name eigentlich ist. Und wie bedeutungsvoll. Wann und wo vergesse ich mich eigentlich? Jedes mal ein Reminder.
Seit ich Mama bin passiert das öfters. Dass ich mich vergesse. Ich habe nun andere Prioritäten. Das ist auch gut so! Dennoch ist es fatal, wenn ich mich vergesse.
Im ersten Jahr des Mama-Seins ging es mir gar nicht gut. Es war eine regelrechte Watsche!
Ich haderte mit mir.Zweifelte. Ich war fix und fertig. Müde….So unendlich müde. Weinte mindesten einmal am Tag. Und fühlte mich wie eine tickende Zeitbombe.
Es war im Nachhinein nicht mein neuer Tagesablauf, oder mein Kind, dass mich so fertig gemacht hat. Es war der Identitätsverlust.
Mein Nicht-Mama-Ich war weg. Alles was ich dachte, dass mich ausmacht, konnte ich nicht mehr sein oder machen…dachte ich!
Dem gängigen Bild, das ich vom Mutter-sein hatte, entsprach ich auch nicht. Ich wollte ja, aber es fühlte sich von Morgens bis Abends wie ein Kampf an. Ein Kampf gegen Windmühlen, der einfach nicht zu gewinnen war.
Diesem Bild einer perfekten Mutter zu entsprechen, saugte mir soviel Kraft aus, weil es eben nicht ICH war. Ich holte mir Unterstützung von Außen, um den Alltag zu wuppen. Jemand der gassi ging für mich. Jemand der mal kurz gebabysittet hat. Eine Haushaltshilfe. Ich bestellte Essen. Ich las Bücher ohne Ende, um eine Lösung für meine Probleme zu finden. Ich butterte in das Projekt Mama-Sein alles rein und es war gefühlt nie genug. Es wurde und wurde einfach nicht leichter. Immer wieder brach ich unter der neuen Aufgabe zusammen. Und das Problem war, auch wenn die Unterstützung von Außen kurzfristig half, war ich immer total abhängig vom Außen. Sobald die Unterstützung weg fiel, fiel ich in ein Loch aus Verzweiflung.
Ich weiß gar nicht mehr, wann sich der Schalter in meinem Hirn umlegte.
Vielleicht hab ich ein Vergiss-mein-nicht gesehen. Was auch immer…Aber da war die Krux an der Geschichte…glasklar vor meinen Augen…Ich hatte mich total vergessen.
Ich begriff, dass ich erstmal selbst wachsen muss, mich um mich selbst kümmern muss, mich pflegen darf. Erst wenn ICH wachsen würde, konnte ich die neue Aufgabe stemmen. Ohne Stütze von Außen.
Mein Leben war einen Schritt weiter gegangen, ist gewachsen, nur ich blieb stehen. Hielt fest an meiner alten Schale und Größe.
Ich häutete mich. Wahrlich…das tat ich! Ich ließ sie knacken, diese alte Haut und wuchs heraus. Ich stand wieder im Leben. Stärker als je zuvor. Und mein neues Leben, mit meiner eigenen kleinen Familie, fühlte sich wunderbar an. Leicht und unbeschwert. Nun ist es ein Geschenk. Kein Fluch mehr. Und das Interessante daran ist, dass ich wieder ganz viel fand, dass ich vergessen hatte. Mein neues Ich subsumierte alle Phasen meines Lebens und fusionierte alles in eine Gestalt, die mit sich vollkommen im Reinen ist. Ich sah, ich verstand, ich fühlte, ich heilte. Auf so vielen Ebenen.
Und mit jeder Ebene der Heilung, schuf ich eine weitere Ebene an Freiheit für mein Kind. Je besser es mir ging, umso leichter hatte es mein Kind.
Mit jedem Mist den ich loslasse, nehme ich einen Stein aus dem Rucksack von meinem Kind. Der Berg den unsere Kinder vor sich haben, ist anstrengend genug. Sie brauchen nicht auch noch unsere Steine mitzuschleppen.
Sie dürfen sie sich frei entwickeln, frei wachsen und sich entfalten. Wir dürfen sie hegen und pflegen, düngen und gießen.
Aber dafür, darf unsere Gießkanne nicht leer sein und wir sollten stark genug sein, die Gießkanne zu halten.
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